PA 614 – Path of most Resistance – 24.12.22
PU 614 – Der Weg des größten Widerstandes
Kommentar des Herausgebers
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Mit dem Gesetz gesprochen wird Apartheid als Verbrechen gegen die Menschlichkeit betrachtet, und ist daher verboten und als eine Verletzung des Völkerrechts angesehen. Dementsprechend hat Israel vom Gesetz her die Verantwortung für seine Akte der Apartheid, und andere Länder und die Vereinigten Staaten haben die Verantwortung, diese Situation zu Ende zu bringen, auch mit der Anwendung internationaler Maßnahmen, wie Sanktionen. Die wachsende Anwendung dieses Rahmens in internationalen Arenen könnte Staaten dazu bringen, in Zukunft mehr Druck auf Israel auszuüben. Der Rahmen der Anti-Apartheid ist also in der Lage, internationale Unterstützung und Solidarität zu gewähren, nach dem Vorbild der wohlbekannten Geschichte des Anti-Apartheid-Kampfes in Südafrika.
Eine andere wichtige globale Entwicklung ist die Veränderung im weltpolitischen Kontext. Nach der Invasion Russlands in der Ukraine und deren globaler Verurteilung und Sanktionen dagegen hat Russland zugegeben, dass es für Westmächte schwierig sein wird, ein blindes Auge auf israelische Aktionen zu werfen und den Anschein von Moralität zu bewahren. Das wird speziell schwierig zu machen sein mit dem Anfang von Benjamin Netanyahus Rechtsaußen-Regierung, die der Welt das wahre Gesicht Israels zeigt. Wie der Haaretz-Korrespondent Amos Harel früher in diesem Monat warnte, „Das Koalitionsabkommen zwischen Likud und Parteien des religiösen Zionismus mag einige Verzweigungen haben zusätzlich zur Erreichung fast unbegrenzter Macht in Gebieten für einen extremistischen Koalitionspartner mit einer deutlichen ideologischen Agenda … (Das kann) Israel in die Lage zunehmender Reibung mit der internationalen Gemeinschaft bringen, die zu unumkehr-baren Schritten dagegen führen kann.“ Letztlich glaube ich, dass Israel gezwungen sein wird, das derzeitige System der Ungerechtigkeit zu beenden, wenn die Kosten, es zu behalten, höher werden als die Vorteile. Das würde geschehen, wenn Israel sich nicht mehr der bedingungslosen Straflosig-keit erfreut.
(Das Obige sind Auszüge der Kommentare von Nur Arafeh, Fellow des Malcolm H. Kerr Carnegie Middle East Center, wo ihre Arbeit sich um die politische Ökonomie des Mittleren Ostens und Nord-Afrikas dreht, um staatliche Geschäftsbeziehungen, Strategien zur Friedensbildung, die Entwicklung des Sicherheits-Zusammenhanges und um den Palästina-Israel-Konflikt. Nur Arafeh argumentiert hauptsächlich, dass das derzeitige Kabinett Netanyahu auf dem Wege ist, Israels Stabilisierung in den besetzten Gebieten weiter zu unterminieren.) Diesmal nehmen diese Gedanken den Platz unseres gewöhnlichen Kommentar durch den Herausgeber ein.
Ranjan Solomon
Im Auftrag von MLN Palestine Updates
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Lions‘ Den ist kein vorübergehendes Phänomen: Bewaffnete Revolte lauert auf Palästina
„Während die Kennzeichen von Lion’s Den (= Höhle des Löwen) jetzt in jedem palästinensischen Bezirk aller besetzten Gebiete erscheinen, ist es der Gruppe gelungen, aus der besonderen Nachbarschaft von Nablus – Al Qasaba – zu einer allgemeinen palästinensischen Erfahrung zu werden. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage, die vom ‚Palestinian Center for Policy and Survey Research‘ (PCPSR = Palästinensisches Zentrum für Politik und Landvermessung) gemacht wurde, zeigte die oben genannte Forderung in unmissverständlicher Weise. Die öffentliche Befragung durch PCPSR zeigte, dass 72 % aller Palästinenser die Schaffung von mehr solchen bewaffneten Gruppen in der Westbank unterstützen. Fast 60 % fürchteten, dass eine bewaffnete Rebellion eine direkte Konfrontation mit der PA (= Palestine Authority) riskiere. Ein Sprung auf 79% bzw. 87 % verweigert die Übergabe der Kämpfer an die Streitkräfte der PA und weist die Idee zurück, dass die PA das Recht habe, solche Vereinnahmungen überhaupt durchzuführen. Solche Zahlen bestätigen die Realität auf der Straße und weisen auf den nahezu vollständigen Mangel an Vertrauen in die PA hin und den Glauben, dass nur bewaffneter Widerstand, ähnlich jenem in Gaza, fähig ist, die israelische Okkupation herauszufordern. (Lesen Sie bei Ramzy Baroud in Palestine Chronicle mehr)
Tödliche Routine: Israelische Streitkräfte töten mindestens 23 Palästinenser in einem Monat.
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„Während des Oktober 2022 töteten israelische Streitkräfte in der Westbank mindestens 23 Palästinenser. Fünf davon waren Kinder. Dieses war eines der blutigsten Monate im letzten Jahr-zehnt – der tödlichste Monat für Palästinenser in der Westbank seit 2004. Untersuchungen von B’Tselem haben gefunden, dass Soldaten und Polizisten routinemäßig schießen und Palästinenser töten, auch dann, wenn sie keine Gefahr darstellen. Das Apartheid-Regime Israels benutzt Gewalt gegen Palästinenser als einen Weg, die jüdische Überlegenheit in dem Gebiet unter seiner Kontrolle zu zementieren. Das ist es, warum niemand verantwortlich sein will für diese ungerechtfertigten Tötungen – nicht die Soldaten, die den Auslöser bewegen, nicht die Kommandierenden, die den Befehl geben, nicht die Gesetzgeber, die die Politik des offenen Feuers verantworten oder die obersten Befehlshaber von Militär und Politik, die jeden Tag die Prinzipien des Regimes in die Praxis umsetzen. Unten sind Untersuchungen einiger dieser Fälle aufgezeichnet. (Lesen Sie mehr bei B’Tselem)
Israels arabische Künstler bereiten sich für eine Schlacht mit der rechtslastigen Regierung vor
Ob in der Musik, dem Film, dem Theater oder der Kunst selbst scheint die hereinkommende Regierung überzeugt zu sein, abweichende Narrativen wie diese der palästinensischen Gesellschaft zur Ruhestellung zu bringen.
„Tamer Nafar stellte auf einem Weihnachtsmarkt in der nordisraelisch-arabischen Stadt Kafr Yasid am vergangenen Samstag seine Lieder vor, als ein Polizeioffizier sich dem palästinensischen Rapper näherte und von ihm verlangte, von der Bühne zu verschwinden … Ein Video über die Vorstellung zeigt den Offizier, wie er zu einem der Organisatoren sagte, er habe vor, die Sache zu stoppen, wegen der Lieder, die sich gegen den Staat Israel und die Polizei stellen. Jedoch fand der israelische Menschenrechtsanwalt Michael Sfard, dass „das keine wirkliche Beleidigung ist. Besonders für jetzt!“ Sfard, der Nafar schon in der Vergangenheit beigestanden hatte, sieht die Sache von Kafr Yasif als eine „Vorschau auf zukünftige Situationen“. … Sheren Falah Saab, Korrespondent bei Haaretz, beschäftigt mit kulturellen Ereignissen in der arabischen Welt, sagt, „dass ein Wechsel von unten bereits fühlbar sei, obwohl es nur zwei Monate her ist, seit Netanyahu und seine rechtslastigen Verbündeten überzeugend Israels allgemeine Wahl gewonnen hat.“
(Lesen Sie mehr in Haaretz)
Deutschland nahm gerade einen drastischen Schritt zur Kriminalisierung von Palästinas Aktivismus vor
Ein neuer Bericht von Ministern und Senatoren versucht, eine legale Basis für palästinensische Gruppen zu legen, die nicht gesetzeskonform und sogar, Landkarten des historischen Palästina auszumerzen. (Bild)
„Ein neuer Bericht, der von der ‚German Conference of Interior Ministers‘ (IMK = Deutsche Innenministerkonfzogenen Antisemitismus“ fokussiert, fordert weitere Razzien gegen pro-palästinensische Solidarität und diskutiert sogar, diese Art von Rede und Aktivismus zu kriminalisieren. Verfasst von einer der IMK-Arbeitsgruppen und gegen Anfang dieses Monats von der ‚Conference‘ angenommen, bringt der Bericht ständig Anti-Zionismus mit Anti-Semitismus durcheinander, indem er die kontroversielle IHRA-Definition von Antisemitismus anwendet. Er enthält spezielle Vorschläge, wie, die Schulen zu veranlassen, ihren Schülern ein mehr positives Bild von Israel im Klassenzimmer zu zeigen und sogar den kürzlich erschienenen Bericht über israelische Apartheid von Amnesty International als „antisemitisch“ zu charakterisieren. Der Bericht schlägt sogar vor, Landkarten zu verbieten, die „Israels Existenzrecht in Frage stellen“; ob das auch Landkarten des historischen Palästinas betrifft, bleibt unklar … Der Bericht verwirft auch die Boycott-, Divestment- und Sanctions-Bewegung (BDS) und bezeichnet sie als gefährlich und antisemitisch und klagt, dass sie aus „ausländischen Extremisten, islamischen Terrororganisationen und Extremistengruppen vom linken Flügel bestehe – eine Klage, die von der israelischen Regierung stark gefördert wird … Deutschlands Razzia gegen die BDS-Bewegung wurde seit Jahren intensiviert, beschleunigt durch eine Bundestags-Resolution von 2019, die sie als erblich antisemitisch klassifiziert, und im Wesentlichen gegen Organisationen gerichtet, die den Boycott der Erzielung öffentlicher Gelder und öffentlicher Räume unterstützt. Die Resolution hat Universitäten, staatliche Regierungen und öffentliche Institutionen befähigt, Palästinensern das Recht der freien Sprache und Versammlung zu verwehren.“ (Dieser Bericht wurde – vermutlich aus Versehen – in voller Länge 2x hintereinander abgedruckt. GM)
(Lesen Sie den vollen Artikel in 972+Mag)
(Übersetzung: Gerhilde Merz)
Palestine Updates von ‚Movement for Liberation from Nakba‘ (MLN) ist eine Sammelstelle für historische und laufende Informationen über Geschehnisse in den kolonisierten palästinensischen Gebieten. Es enthält Neuigkeiten und Analysen wie auch globale Kampagnen, Berichte von israelischen Friedensinitiativen-Bewegungen und Kritiken an Israels kolonialistischen Apartheid-politiken in Israel und Palästina, die das Leben der Völker beeinträchtigen. Es bringt auch Neues von fortschrittlichen palästinensischen Gruppen der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsorganisationen (lokal und international) und verschiedenen Akademikern und Schriftstellern in Palästina und weltweit.