Pal. Update Nr. 602 und folgende
Palestine Update Nr. 602
Was passiert in der Westbank gerade jetzt?
So: Was entwickelt sich gerade jetzt in der besetzten Westbank und in Jerusalem, und warum?
Was ist anders als was wir in der jüngsten Geschichte gesehen haben, und was bedeutet das für die Zukunft von palästinensischem Widerstand zur Okkupation durch Israel und dem Siedler-Kolonialismus?
„Die Westbank und Jerusalem liegen unter Feuer“ – Die vergangenen wenigen Wochen waren Zeugen für eine merkliche Intensivierung der Blitzmaßnahmen gegen Palästinenser in der Westbank, wobei sowohl gewöhnliche Zivilpersonen und deren Wohnungen und Dörfer zum Ziel genommen wurden wie auch bewaffnete Widerstandskämpfer und Gruppen.
Gleichzeitig haben bewaffnete Siedler palästinensische Gemeinden quer durch die Westbank terrorisiert, oft in Gegenwart und geschützt von israelischem Militär. Die laufende Unter-drückung und der Widerstand dagegen sind Teil einer größeren, monatelangen Kampagne zur Bezwingung des wachsenden Widerstands, besonders des bewaffneten Widerstands, der aufgekommen ist in Gebieten der Westbank … Während der beiden vergangenen Wochen wurden zwei israelische Soldaten in voneinander unabhängigen Schießereien erschossen: einer an einem militärischen Checkpoint außerhalb des Shufat-Flüchtlingslagers in Jerusalem, ein anderer an einem Armeeposten im Gebiet von Nablus in der nördlichen Westbank … Bei der Menschenjagd, um die Schützen zu finden, haben die israelischen Streitkräfte eine Anzahl von Maßnahmen zur kollektiven Bestrafung unternommen, darunter weit verbreitete Straßen-sperren, die den ganzen Bezirk von Nablus betrafen und die Blockade ganzer Nachbar-schaften wie Shufat und daneben Anata. Die Blockade von Shu’fat und der umliegenden Nachbarschaft brachte eine verbreitete zivile Ungehorsam-Kampagne in die umliegenden Nachbarschaften quer durch Jerusalem. Proteste zur Unterstützung der Kampagne zum zivilen Ungehorsam in Jerusalem sind im belagerten Gazastreifen gewachsen, wo Palästinenser den Aufrufen zur fortgesetzten Konfrontation mit dem israelischen Militärapparat aufgerufen haben … Die nahen nächtlichen Überfälle, todbringende Unterdrückung von Protesten, Politik zur kollektive Bestrafung und zunehmende Siedlergewalt haben wenig dazu getan, den palästinensischen Widerstand zu ersticken. Berichte von täglichen Protesten und Konfronta-tionen mit israelischen militärischen Kräften quer durch Jerusalem und der Westbank gingen weiter, während die in Nablus stehende palästinensische Widerstandsgruppe ‚Areen Al-Usud‘ (Den des Löwen) weiterhin an Sympathie unter dem Volk gewann, weil sie die Verantwortung für zunehmende bewaffnete Handlungen gegen israelische Militärstellungen in der Westbank forderte“.
(Lesen Sie mehr in ‚Progressive International‘
Palestines strike in West Bank, Jerusalem over Israel killings (Al Jazeera)
Israel resorts to besieging West Bank cities as tensions mount (AlMonitor)
Unterstützung für Lion’s Den wächst, während Israel bei der Belagerung von Nablus
bleibt
Israel belagert die Stadt Nablus in der nördlichen Westbank weiter, was zu wirtschaftlichen Verlusten führt, während es droht, dort eine militärische Operation zu beginnen.
„Die Palästinenser wissen sehr gut, dass Israel mit der Belagerung von Nablus dessen Bewohner zu bestrafen versucht, indem es ihm große wirtschaftliche Verluste zufügt durch den Versuch, Druck auf den Widerstand auszuüben und die Leute, die den Widerstand unterstützen, anzustiften, diesem zu opponieren. Das muss sich jedoch erst erweisen, weil die Bewohner der Stadt Unterstützung zeigen für eine Gruppe, die sich selbst ‚Lions Den‘ (= Höhle des Löwen ?) nennt. Am 18. Oktober gingen tausende Palästinenser auf die Straßen von Nablus und anderen Städten der Westbank und des Gazastreifens zur Unterstützung der Gruppe und riefen „Allahu Akbar“ (arabisch für „Gott ist groß“) rund um die Moscheen und von den (Flach-)dächern der Häuser. Das war die Antwort auf den Aufruf, den Lions Den via seiner Telegramm-Seite machte, wie von den Medien berichtet wurde. Die Proteste spiegelten den äußersten Status der Ablehnung und Herausforderung gegen die Aktionen der Israelischen Armee und Drohungen wider, in Nablus einzufallen. Die Unterstützung durch das Volk, die für den Widerstand in Nablus gezeigt wurde, scheint stark und solide zu sein trotz der Belagerung, und könnte die israelische Armee veranlassen zu einer militärischen Operation großen Stils in der Stadt …“
(Lesen Sie weiter in Al Monitor)
Siedler begehen in den letzten 10 Tagen 100 Verbrechen gegen Palästinenser in der Westbank
„Sicherheitsoffiziere haben während der letzten Wochen einen verstörenden Trend zu Gewaltakten angemerkt, die von israelischen Siedlern quer durch die Westbank begangen wurden, wobei berichtet wurde, dass allein in den vergangenen 10 Tagen mehr als 100 Verbrechen durch jüdische Nationalisten geschehen sind … Die meisten Fälle geschahen in der nördlichen Westbank rund um Hawara, das Schwerpunkt der Krawalle zwischen Siedlern und Palästinensern wurde. …“ „Ältere Erwachsene und Frauen mit Kindern, die gerade des Weges kamen, fingen einfach an, mitzutun,“ sagte ein Beamter des Sicherheitsdienstes. Beamte des ‚Central Command‘ sagen, die Anführer der Siedlungen erwägen eine Schatten-Kampagne, um das Gefühl aufkommen zu lassen, dass die Armee die Kontrolle verloren hat.“
(Lesen Sie mehr bei Haaretz)
Besucher in der Westbank werden angewiesen, Romanzen zu registrieren: Israel verschärft Zugangsregeln
(Bild: viele Menschen, vermutlich an der Einreisestelle?)
„Israel hat strenge Regeln vorgesehen, die die Einreise- und Aufenthaltsgenehmigungen von Ausländern für die besetzte Westbank begrenzen – trotz internationaler Kritik der Maß-nahmen, zu denen auch die obligatorische Offenlegung romantischer Beziehungen gehört.
Eine 90seitige Verordnung, die das frühere vierseitige Dokument ersetzte, kam am Donners-tag zur Wirkung; sie sollte für die Periode von zwei Jahren zur Probe eingesetzt werden. Es wurde erwartet, dass damit die palästinensische Wirtschaft und Akademie und die Arbeit der
Hilfsorganisationen eingeschränkt und Komplikationen für hunderttausende palästinensische Familien mit doppelter Nationalität geschaffen werden, die sich bereits jetzt durch das kom-plizierte Permit-System hindurch navigieren mussten. Fast alle Leute mit ausländischer Nationalität, die als Volontäre gekommen waren oder, um der Westbank zu arbeiten oder zu studieren, würden nur ein Visum für einen einmaligen Eintritt erhalten, und etliche davon sind nur für drei Monate gültig und warten – in einigen Fällen länger als ein Jahr – ehe sie wieder um Einreise ansuchen konnten. In den meisten Fällen ist die Aufenthaltsgenehmigung beschränkt auf eine Periode von12 bis 27 Monaten; dadurch wird ein Familienleben oder eine Daueranstellung für eine langfristige Arbeit fast unmöglich. … Menschen, die in Jordanien, Ägypten, Marokko, Bahrain und Südsudan geboren sind – selbst, wenn sie einen Staats-bürgerschafts-Nachweis für ein zweites Land besitzen – sind jetzt aus der Westbank ausgesperrt, außer unter außergewöhnlichen Umständen. Ungefähr 60 % der Bevölkerung von Jordanien ist von palästinensischem Ursprung!
(Lesen Sie mehr in ‚The Guardian‘)
Australien verweigert die Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt – was Israel ärgert
(Bild: Porträt von Außenministerin Penny Wong)
Israel reagierte am Dienstag zornig auf Australiens Ankündigung, Westjerusalem nicht länger als Hauptstadt von Israel anzuerkennen, womit eine vor vier Jahren getroffene Entschließung der früheren konservativen Regierung umgedreht würde. Israels Außenministerium lud die australische Botschafterin am Dienstag vor, um die Veränderung der Politik zu erklären, die nach zwei Tagen widersprüchlicher Botschaften über die Angelegenheit von Camberra gekommen war. Nur Stunden, nachdem die Offiziellen geleugnet hatten, dass der Wechsel bevorstehe, bestätigte die Außenministerin Penny Wong, dass Australien seine Botschaft nicht nach Jerusalem übersiedeln würde, bevor Israelis und Palästinenser zu einem dauernden Abkommen über die umstrittene Hauptstadt gekommen wären. „Heute hat die Regierung wieder Australiens frühere und lange bekannte Position bestätigt, dass Jerusalem am Schluss der Statusfrage stehe, die als Teil jeglicher Friedensverhandlungen zwischen Israel und dem palästinensischen Volk gelöst werden müsse“ sagte Wong in ihrer Stellungnahme. „Die australische Botschaft war immer und bleibt in Tel Aviv.“
(Lesen Sie den ganzen Bericht in ‚Washington Post‘.)
Arabische Normalisierung und der Kampf der Palästinenser um Befreiung
Von Yara Hawari // Al Shabaka
(Bild: N0N A LA NORMALISATION = Nein zur Normalisierung sagt ein Demo-Plakat)
Die arabische Normalisierung des zionistischen Projekts ist kein neues Phänomen, ebenso wenig wie die Opposition dagegen. Die Normalisierung war ein Jahrhundert lang ein Leitfaden für die regionale Geopolitik. So skizziert dieser Kommentar die geschichtlichen und zeitgenössischen Manöver zur Normalisierung quer über die Region; dann zeichnet sie die Unterscheidung zwischen arabischen Regimen und dem arabischen Volk, das sich ständig einer Normalisierung widersetzt hat. Er endet mit der Beschreibung der Folgerungen der Normalisierungspolitiken für die Befreiung der Palästinenser und die Zukunft der Region.“
(Lesen Sie den ganzen Artikel in Al Shakaba).
(Anm.: Hier muss ein Tippfehler vorliegen, denn in der Überschrift heißt es Al Shabaka und hier Al Shakaba)
(Übersetzung: Gerhilde Merz)